
Was ist ein „Active Device“ gemäß MDR und IVDR?
Einleitung
Die Verordnungen MDR (Medical Device Regulation, EU 2017/745) und IVDR (In Vitro Diagnostic Regulation, EU 2017/746) haben die Anforderungen an Medizinprodukte und In-vitro-Diagnostika in Europa verschärft. Eine zentrale Klassifizierung betrifft sogenannte „Active Devices“ (aktive Medizinprodukte). Doch was genau sind „Active Devices“ und welche regulatorischen Anforderungen gelten für sie?
Definition eines „Active Device“ nach MDR und IVDR
Laut MDR (Artikel 2, Absatz 4) wird ein aktives Medizinprodukt wie folgt definiert:
„Ein aktives Medizinprodukt ist jedes Medizinprodukt, dessen Betrieb auf eine Energiequelle angewiesen ist, die nicht direkt vom menschlichen Körper oder der Schwerkraft stammt.“
Die IVDR (Artikel 2, Absatz 5) übernimmt eine ähnliche Definition für aktive In-vitro-Diagnostika (IVD), wobei der Schwerpunkt auf Geräten liegt, die elektrische oder andere externe Energiequellen nutzen.
Merkmale eines Active Device
✅ Es benötigt eine externe Energiequelle (z. B. Elektrizität, Batterie, Gas, Druckluft).
✅ Es wandelt Energie aktiv um oder nutzt sie für seine Funktion.
✅ Es führt Diagnosen, Therapien oder Überwachungen durch.
✅ Es beeinflusst direkt den Zustand des Patienten oder verarbeitet biologische Proben.
🚫 Nicht als Active Device gelten: ❌ Produkte, die nur mechanisch oder durch Schwerkraft betrieben werden (z. B. Rollstühle ohne Motor, einfache Skalpelle oder Pflaster).
❌ Passiv arbeitende Medizinprodukte, die keine externe Energie benötigen.
Beispiele für Active Devices
- Medizinprodukte nach MDR:
- Herzschrittmacher
- Defibrillatoren
- Infusionspumpen
- Beatmungsgeräte
- Elektronische Blutdruckmessgeräte
- In-vitro-Diagnostika nach IVDR:
- PCR-Analyser
- Automatische Blutanalysegeräte
- Elektronische Mikroskope für Laboranalysen
- Software zur Diagnosedatenverarbeitung
Klassifizierung von Active Devices unter der MDR
Active Devices werden je nach Risiko für den Patienten in die folgenden Risikoklassen eingeteilt:
Klasse | Risiko | Beispiel |
---|---|---|
I | Gering | Elektronische Fieberthermometer |
IIa | Mittel | Elektrochirurgische Instrumente, Infusionspumpen |
IIb | Höher | Beatmungsgeräte, Dialysemaschinen |
III | Hoch | Herzschrittmacher, implantierbare Defibrillatoren |
Je höher die Klasse, desto strenger die regulatorischen Anforderungen. Während Klasse I-Geräte nur einer Selbstzertifizierung unterliegen, müssen Klasse II und III-Geräte eine CE-Zertifizierung durch eine benannte Stelle erhalten.
Regulatorische Anforderungen an Active Devices
1. Technische Dokumentation
Hersteller müssen detaillierte Unterlagen zu Sicherheit, Leistung und Risikomanagement eines Active Device erstellen. Dazu gehören:
- Elektrische Sicherheit (gemäß IEC 60601-Norm für Medizintechnik)
- Elektromagnetische Verträglichkeit (EMV-Richtlinien)
- Mechanische Sicherheit (Schutz vor Überhitzung, Materialversagen)
- Biokompatibilität und Testberichte
2. Anforderungen an die Software in Active Devices
Unter der MDR können auch Softwarelösungen als Active Device klassifiziert werden, wenn sie:
- Diagnosen oder Therapieentscheidungen unterstützen
- Medizinische Daten aktiv verarbeiten (z. B. KI-gestützte Analyse)
- Überwachungsfunktionen für den Patienten haben
3. Rückverfolgbarkeit und UDI
Active Devices müssen eine Unique Device Identification (UDI)-Nummer erhalten, die in der EUDAMED-Datenbank registriert wird. Dies verbessert die Rückverfolgbarkeit und erleichtert die Marktüberwachung.
Fazit
Ein „Active Device“ ist ein Medizinprodukt, das eine externe Energiequelle zur Funktion benötigt und aktiv Einfluss auf den Patienten oder Diagnoseprozesse nimmt. Sowohl unter der MDR als auch der IVDR unterliegen diese Geräte strengen regulatorischen Anforderungen. Hersteller müssen sich intensiv mit der Klassifizierung, technischen Dokumentation und Zertifizierung ihrer Produkte auseinandersetzen, um die Konformität mit den EU-Regularien sicherzustellen.
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